Zehn Jahre für ein Europa der Solidarität und des Friedens

„Die Europäische Union wurde als ein Friedensprojekt konzipiert und muss ihrer friedenspolitischen Verantwortung in einer multipolaren Welt gerecht werden.“

Mit diesem Leitspruch trat ich 2014 mein erstes Mandat an. Seitdem ist viel passiert. In einer Zeit zahlreicher globaler Herausforderungen habe ich mich immer an meinen Leitprinzipien von Solidarität und der Friedenssicherung durch Kooperation statt Konfrontation und der zivilen Lösung von internationalen Konflikten orientiert. 

Ebenso war das Thema Migration und eine menschenrechtsfundierte Flüchtlingspolitik ein zentrales Anliegen für mich. Um dies im Parlament voranzubringen, gründeten mein Team und ich 2020 eine informelle interfraktionelle Migrationsgruppe, die sich monatlich in Straßburg traf. Im Vordergrund stand die Zusammenarbeit mit NGOs und Aktivist*innen. Die Abstimmung über das gemeinsame europäische Asylsystem am 10. April ein desillusionierender Moment: Menschen auf der Flucht sollen daran gehindert werden, in die EU zu kommen und man will sie so schnell wie möglich wieder loswerden. Abschottung ist das Gebot der Stunde geworden. Die Entwertung von Grundrechten für Schutzsuchende geht weiter. 

Die Unterstützung der Zivilgesellschaft ist in all den Jahren ein großes Anliegen für mich gewesen. Als Mitglied im Menschenrechtsausschuss habe ich mich durch die Übernahme von politischen Patenschaften für die Rechte von Oppositionellen in Belarus und im Iran eingesetzt. Und auch in meiner Rolle als Ständiger Berichterstatter für Bosnien und Herzegowina (BiH) innerhalb der Fraktion waren mir der Austausch und die Ideen der Zivilgesellschaft immer besonders wichtig. Ich bin froh, daran mitgewirkt zu haben, dass BiH jetzt EU-Beitrittskandidat ist und konkrete Verhandlungen beginnen.

Die EU war für mich nie nur Binnenmarkt. Sie muss nicht nur unter Beweis stellen, den Frieden zu bewahren, sondern sich auch zu einer Sozialunion weiterentwickeln: Eine EU der Vielen und nicht der Wenigen! Wichtige Schritte auf diesem Weg haben wir Sozialdemokrat*innen erreicht: Die EU-weite Richtlinie über angemessene Mindestlöhne, die Stärkung von Tariftreue und die Unterstützung von Kurzarbeiter*innengeld, von denen Millionen Europäer*innen profitieren. 

Die Terroranschläge der Hamas in Israel und die darauffolgenden Ereignisse prägten die letzten Monate meiner Amtszeit. Der bedrohlich erstarkte Antisemitismus in diesem Zusammenhang bereitet mir große Sorge. Mein Engagement gegen jeden Antisemitismus, das meine gesamte Abgeordnetenzeit durchzogen hat, werde ich weiterführen. 

Ich verstehe die Zeit nach meinem Ausscheiden aus dem Europäischen Parlament als Beginn eines neuen Kapitels. Als Sozialwissenschaftler werde ich mich weiterhin analytisch und politisch-praktisch den drängenden gesellschaftspolitischen Fragen widmen. Und selbstverständlich bleibe ich weiterhin in der Partei engagiert und im Landesvorstand der NRW-SPD aktiv. Ich bin gespannt, welche Möglichkeiten sich noch ergeben und freue mich auf das, was kommt.

Text: Prof. Dr. Dietmar Köster