Rede zum Antikriegstag

Meine Rede anlässlich des Antikriegstags:

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

82 Jahre nach dem Überfall Nazi-Deutschlands auf Polen bleibt unser Engagement für Frieden und Abrüstung nötiger denn je. Seit etwa 10 Jahren nimmt die internationale Gewaltanwendung wieder zu.
Die Sicherung des Friedens, der Schutz des Klimas, der Kampf gegen soziale Ungleichheit hier, in der EU und der Welt, die internationale Bekämpfung der Pandemie, die Wahrung der Menschenrechte für weltweit 82 Millionen Flüchtlinge sind mit militärischer Konfrontation und Aufrüstung unvereinbar! Internationale Zusammenarbeit, Entspannung und Abrüstung sind das Überlebensgebot für die Menschheit!

Mit Entsetzen sehen wir die Bilder von menschlichen Dramen in Afghanistan.

Viele Afghaninnen und Afghanen, die mit den NATO-Soldaten mit Entwicklungshilfeorganisationen zusammengearbeitet haben und für Demokratie, Menschenrechte und Gleichstellung gekämpft haben, fürchten um ihr Leben. Es ist fast unmöglich, das Land zu verlassen, seitdem sich die Soldaten der USA und anderer NATO-Staaten zurückgezogen haben. Die Verantwortung der NATO-Staaten, die Menschen nicht im Stich zu lassen, bleibt bestehen. Jetzt muss alles getan werden, um sichere Fluchtwege zu schaffen, über die die bedrohten Menschen das Land verlassen können. Die schockierende Situation in Afghanistan ist das Ergebnis des Scheiterns einer militaristisch ausgerichteten Außenpolitik. 20 Jahre Krieg haben das Land nicht stabilisiert und es nicht verhindern können, dass Afghanistan in die Hände der „Gotteskrieger“ gefallen ist.
Ein Krieg, der mehr als 1 Billion US-Dollar verschlang, ein Krieg, in dem 65.000 tote afghanischen Soldaten und Zivilisten und auf westlicher Seite 3.600 tödliche Opfer zu beklagen sind. Ein Drittel der Afghaninnen und Afghanen sind von Hunger bedroht. Auch hier zeigt sich: Von Kriegen sind insbesondere die vielen Armen und Ärmeren betroffen, die wenigen Reichen profitieren, die an der Korruption in Afghanistan beteiligt waren.
Das Konzept der NATO mittels militärischer Interventionen in anderen Staaten eine demokratische Gesellschaft zu schaffen, ist grundlegend gescheitert. Eine militärische Lösung gab es nie und wird es auch jetzt und künftig nicht geben. Diplomatische Lösungen sind jetzt gefragt.
Wir brauchen internationale Kooperation mit den unterschiedlichen Kräften in Afghanistan, den Nachbarstaaten, Russland, China sowie die USA und die EU. Ihre Ziele:

Erstens: Sichere Fluchtwege schaffen
Zweitens: Eine demokratische Perspektive für Afghanistan entwickeln, in dem Menschenrechte gewahrt werden. Mädchen und Frauen müssen ungehindert am öffentlichen Leben teilnehmen können.

Die Pflicht der EU, der USA und anderer beteiligter NATO-Staaten besteht darin, dafür zu sorgen, dass die Flüchtlinge aufgenommen werden und ein dauerhaftes Bleiberecht genießen. Niemand darf mehr nach Afghanistan abgeschoben werden. Afghanistan zeigt: Die Welt ist unsicherer geworden. Die Weltordnung befindet sich in Umbrüchen: China steigt zu einem ernstzunehmenden Rivalen gegenüber den USA auf, in Europa bestimmt Kalte-Kriegs-Rhetorik das Verhältnis der EU zu Russland. Das Wettrüsten hat mit einer gesamten Höhe von fast 2 Billionen US-Dollar nie gekannte Ausmaße erreicht. Mehr als die Hälfte dieser Verschwendung von Ressourcen geben die Nato-Staaten aus und liegen damit um das 12fache über den Militärausgaben Russlands. Auch China steigert seine Rüstungsausgaben auf 252 Mrd. US-Dollar.

Der neue Kalte Krieg zwischen den westlichen Staaten und Russland ist besorgniserregend.

Dabei sollten wir uns daran erinnern, dass vor 80 Jahren die deutsche Wehrmacht die Sowjetunion überfiel und mit der kurz darauf verhängten Hungerblockade Leningrads 27 Millionen Sowjetbürger*innen in diesem Krieg starben. Eine Lehre aus dieser Geschichte ist, dass Deutschland eine besondere Verantwortung hat, gute nachbarschaftliche Beziehungen zu Russland zu pflegen. Hierzu muss die russische Regierung allerdings auch ihren Beitrag leisten und sich an internationales Recht und Menschenrechte halten! Unter dem vorigen US-Präsidenten waren alle Signale auf Aufrüstung und Konfrontation gestellt: Der Vertrag über die Vernichtung landgestützter atomarer Mittelstreckenraketen in Europa und der Open-Sky-Vertrag, der Überwachungsflüge erlaubte, wurden gekündigt, zunächst von Washington und später von Moskau. Es gibt leichte Signale der Hoffnung. Nach dem Putin-Biden-Treffen soll es jetzt wieder um Rüstungskontrolle gehen. Das NEW-START- Programm zur Begrenzung atomarer Interkontinental-Raketen wurde verlängert. Mittlerweile finden wieder Rüstungskontrollgespräche statt. Das Ziel ist, gegenseitiges Vertrauen wiederherzustellen und einen Atomkrieg unter anderem aufgrund technischer Fehler zu vermeiden.

Wie sieht es in Europa aus?

Zunehmend wird die Forderung nach größerer europäischer Souveränität laut. Damit wird oft eine stärkere militärische Aufrüstung in der EU gefordert. In der EU selbst wird zunehmend Geld für Rüstung bereitgestellt:
Dazu zählen die Europäische Friedensfaziltät mit rund 5 Mrd. Euro. für die nächsten Jahre bis 2027. Und der Europäische Verteidigungsfonds mit 7,9 Mrd. Euro. Zudem rüsten die einzelnen EU-Staaten massiv auf. Die NATO-Staaten sollen 2 Prozent des Bruttoinlandprodukts für Rüstungsausgaben verpulvern. Und das deutsch-französisch-spanische Vorhaben, einen Kampfjet (Future Combat-Air-System) zu bauen, der mit Atomwaffen bestückt und mit bewaffneten Drohnen ausgestattet werden soll, würde bis zu 500 Mrd. Euro kosten. Diese Rüstungsvorhaben lehnen wir strikt ab! Stattdessen sollte die EU selbst Maßnahmen zur konventionellen Rüstungskontrolle ergreifen. Eine weitere wichtige Initiative ist der UN-Atomwaffenverbotsvertrag, der allen beigetretenen Staaten die Herstellung, Stationierung und den Einsatz von Atomwaffen verbietet. Er ist seit dem 22. Januar 2021 in Kraft. Deutschland sollte ihm beitreten. Wir wollen ein atomwaffenfreies Europa! Wir wollen ein Europa des Friedens und der Abrüstung. Ein soziales und ökologisches Europa der Solidarität!

Nie wieder Faschismus – Nie wieder Krieg!