Ein Kommentar zu feministischer Außenpolitik

Ein Gastbeitrag von Lisa Storck

„Frieden in all seinen Aspekten ist jetzt eindeutig ein Frauenthema. Wenn es weniger Patriarchat gäbe, gäbe es wahrscheinlich weniger Gewalt“ behauptet die amerikanische Aktivistin Mary Farenthold 1915 auf dem ersten internationalen Frauenfriedenskongress in Den Haag. Während der Erste Weltkrieg in Europa wütet, finden sich auf dem Kongress mehr als tausend Frauen aus zwölf Nationen zusammen, um Forderungen aufzustellen.

Einige davon haben sich erfüllt, etwa die Einrichtung des Internationalen Gerichtshofes oder die Einstufung von Vergewaltigungen als Kriegswaffe. Bei der fundamentalsten Forderung nach Gleichstellung besteht leider nach wie vor Nachholbedarf.

Knapp hundert Jahre später formuliert deswegen die schwedische Außenministerin Margot Wallström 2014 Grundsätze einer feministischen Außenpolitik. Sie umfassen die drei Rs: Rechte, Repräsentation und Ressourcen. Hinsichtlich dieser drei Punkte spielen Frauen weltweit eine untergeordnete Rolle. Feministische Außenpolitik fordert gleiche Rechte für Mädchen und Frauen ein. Das geht nur, wenn sie bei politischen Entscheidungen in repräsentativen Ämtern sind. Zudem muss bei der Verteilung von Ressourcen sichergestellt werden, dass die Lebensrealität von Mädchen und Frauen verbessert wird.

Übertragen auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine fängt eine feministische Politik beispielsweise damit an, dass bei Hilfsgütern nicht nur Essen, sondern auch Güter für schwangere Frauen geliefert werden und hört damit auf, dass, sollte es so weit sein, Frauen an Friedensverhandlungen beteiligt werden. Längst ist der Zusammenhang zwischen der Beteiligung von Frauen an Verhandlungen und der Dauer von Friedensvereinbarungen nachgewiesen.

Die Ausgestaltung der feministischen Außenpolitik ist nicht in Stein gemeißelt, sondern wandelt sich ständig. Die drei Rs werden inzwischen um ein „D“ für Diversität ergänzt. Durch globale männliche Machtstrukturen geht nicht nur die Lebensrealität von Mädchen und Frauen unter, sondern werden auch diejenigen nicht mitgedacht, die auf Grund ihrer Religionszugehörigkeit, ethnischen Herkunft oder sexuellen Ausrichtung strukturell diskriminiert werden.

Der Krieg in der Ukraine, die Pandemie und die wirtschaftliche Rezension sind ein herber Rückschlag für Feminist*innen, denn diese Faktoren verschärfen global die Lager derer, die ohnehin strukturell marginalisiert werden.

Eine laute feministische Außenpolitik ist deshalb bitter notwendig, um der vergessenen Hälfte der Gesellschaft eine Stimme zu geben. Das ist kein „Gedöns“, sondern schlicht demokratisch.