Ein Jahr russischer Krieg gegen die Ukraine
Seit einem Jahr erleben wir einen schrecklichen Angriffskrieg Russlands, der völkerrechtswidrig und durch nichts zu rechtfertigen ist. Es sind Zehntausende von Opfern, Millionen von Flüchtlingen und schreckliche Zerstörungen zu beklagen. Mit der Bombardierung der zivilen Infrastruktur begeht die russische Führung Kriegsverbrechen. Russland muss den Krieg beenden und seine Soldaten zurückziehen. Wir stehen an der Seite der Menschen der Ukraine. Die EU unterstützt die Ukraine finanziell, humanitär, ökonomisch und auch militärisch.
Der Verlauf des Kriegs zeigt, dass wir uns in einer militärischen Eskalationsspirale befinden. Die Mehrheit der Bundesbürger*innen sind sehr besorgt, dass sich dieser Krieg ausweitet und es zu einem Weltkrieg kommt. Aus der Perspektive eines Sieges um jeden Preis haben die Waffenlieferungen mittlerweile eine Eigendynamik entwickelt, die uns über die Schwelle zu einem dritten Weltkrieg führen kann. Das muss verhindert werden. Daher dürfen keine international geächteten Waffen wie Streumunition und Phosphorbomben geliefert werden. Die Lieferung von Kampfflugzeugen und weitreichenden Raketen sind abzulehnen. Auf solche Waffenlieferungen würde Russland mit einer weiteren immer weniger zu kontrollierenden Eskalation reagieren. Der Preis für die Unterstützung der Ukraine darf nicht die Zerstörung der Ukraine sein.
Einige meinen, die Entscheidung in diesem Krieg müsse auf dem Schlachtfeld gesucht werden. Hiervor warnen der höchste US-amerikanische Militärchef, Mark Milley, oder auch der jahrelange sicherheitspolitische Berater von Kanzlerin Merkel, Erich Vad: Ein militärischer Sieg der Ukraine ist nicht zu erwarten, und Verhandlungen sind der einzig mögliche Weg. Es drohe ein schrecklicher Abnutzungskrieg, bei dem es zu einer sinnlosen Verschwendung von Menschenleben kommt. Es gehe darum, nicht nur einseitig auf Waffen zu setzen, sondern politische Lösungen zu finden.
Daher brauchen wir jetzt endlich mehr Mut zur Diplomatie. Sie wird den Weg zum Frieden öffnen. Und es gibt Beispiele: Das Getreideabkommen, die Gefangenenaustausche und die Verhandlungen der Internationalen Atomenergiebehörde der UN über eine demilitarisierte Zone um das Atomkraftwerk Saporischia.
Der brasilianische Präsident Lula hat vor kurzem neue diplomatische Initiativen gefordert. Brasilien und China könnten hier eine wichtige Rolle spielen. China hat einen 12-Punkteplan vorgeschlagen. Es ist zu begrüßen, dass China deutlich macht, dass im Krieg keine Atomwaffen eingesetzt werden dürfen. Das ist ein deutliches Zeichen an Putin, der immer wieder in der Öffentlichkeit damit droht. Auch Selensky zeigte sich in einer ersten Reaktion offen für den Vorschlag Chinas.
Wir brauchen dringend einen Waffenstillstand!
Und die EU als Friedensnobelpreisträgerin muss endlich selbst diplomatische Initiativen entwickeln. Der Krieg löst keine Probleme. Der Krieg ist das Problem. Geben wir dem Frieden eine Chance!
Text: Prof. Dr. Dietmar Köster