GEAS: Kurz vor der Einigung, sich weiter abzuschotten
Bis Ende des Jahres soll der neue Pakt zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem (GEAS) ausverhandelt sein. „Eine historische Chance für eine Einigung auf ein gemeinsames europäisches Asylsystem“ nennen es spanische Ratspräsidentschaft und EU-Kommission. Ein Scheitern soll verhindert werden, denn nächstes Jahr wird das EU-Parlament neu gewählt.
Es sind daher Einigungen um jeden Preis zu befürchten. Es wird über eine Vielzahl von besorgniserregenden Regelungen diskutiert, die für den Krisenfall noch verschärft werden sollen. Nur das EU-Parlament kann jetzt noch zur Schadensbegrenzung beitragen. Ihm kommt eine zentrale Bedeutung zu.
Denn die geplante Ausweitung der Grenzverfahren lässt erwarten, dass sich die humanitären Missstände an den EU-Außengrenzen noch verschlimmern und es zu weiteren Inhaftierungen an den EU-Außengrenzen kommt. Dass Minderjährige von den Grenzverfahren ausgenommen werden sollen, ist zwar zu begrüßen. Das muss aber auch für Kinder bis zum 18. Lebensjahr gelten und für Familien.
Die größte Gefahr für den individuellen Flüchtlingsschutz in der EU liegt in dem Vorschlag, die Anwendung des Konzepts von „sicheren Drittstaaten“ auszuweiten und die Anforderungen hinsichtlich des anzuwendenden Schutzes abzusenken. Das kann dazu führen, dass Menschen von der inhaltlichen Asylprüfung in der EU gänzlich ausgeschlossen werden.
Das Ziel, mit dem EU-Pakt die Zahl der Schutzsuchenden zu verringern, wird wohl nicht funktionieren. Sowohl 2022 als auch 2023 kamen die meisten Asylsuchenden in der EU aus Syrien und Afghanistan – Länder, die von Konflikten und Verfolgung geprägt sind und in die auf absehbare Zeit niemand zurückkehren kann.
Erstaufnahmeländer sollen weiterhin die Verantwortung tragen, denn die Übernahme von Flüchtenden durch andere Mitgliedstaaten ist freiwillig und kann das nach den jüngsten Plänen auch bleiben. Was fehlt, ist vor allem der politische Wille zur Schaffung eines solidarischen und verpflichtenden Systems zur Verantwortungsteilung.
Text: Hannah Adzakpa, Kontaktstelle Politik Europa, Deutscher Caritasverband; Martin Beißwenger, Referat Migration und Integration, Deutscher Caritasverband