Wo bleibt die Diplomatie?

Frieden

Russland lässt nicht von seinem verbrecherischen Krieg gegen die Ukraine ab. Jeden Tag sterben Menschen, sie werden verletzt, sind traumatisiert oder müssen fliehen. Die Not und das Elend dieses durch nichts zu rechtfertigenden Kriegs sind kaum zu ertragen.

Dieses schreckliche Leid, das jeden Tag in allen Medien verfolgt werden kann, erzeugt eine Stimmung, in der die Forderung, man müsse der Ukraine schwere Waffen wie Panzer, Kampfflugzeuge und anderes liefern, wachsenden Zuspruch erfährt. Ohne Zweifel muss die Ukraine unterstützt werden, um ihren Verteidigungskrieg führen zu können. Aber es gibt Grenzen.

Zunehmend wird mehr oder weniger deutlich gefordert, Russland militärisch zur Kapitulation zu zwingen und einen Regimewechsel herbeizuführen. So sehr dies zu wünschen wäre, so sehr sind damit unkalkulierbare Risiken bis zu einem neuen atomaren Weltkrieg verbunden. Wer glaubt ernsthaft, dass der neue, sich selbst zum Imperator aufgeschwungene, Putin mit seinen Atomwaffen eine militärische Kapitulation akzeptieren würde, ohne offen die Zerstörung der Welt auch um den Preis der Selbstzerstörung Russlands hinzunehmen? Ganz unabhängig davon, dass die russische Armee trotz ihrer Schwächen und Rückschläge noch immer über erhebliches militärisches Material und Menschen verfügt, was ihnen eine militärische Überlegenheit sichert.

Die Vorstellung, diesen Krieg ausschließlich auf dem Schlachtfeld entscheiden zu wollen, ist brandgefährlich. Die Gefahren eines Nuklearkriegs sind real. Der Friedensforscher Carl Friedrich von Weizsäcker schrieb: „Die großen Bomben erfüllen ihren Zweck, den Frieden und die Freiheit zu schützen, nur, wenn sie nie fallen. Sie erfüllen diesen Zweck auch nicht, wenn jedermann weiß, dass sie nie fallen werden. Eben deshalb besteht die Gefahr, dass sie eines Tages wirklich fallen werden.“ Und je länger dieser Krieg dauert, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass es so weit kommt. Daher ist es falsch, augenblicklich nur auf einen militaristischen Kurs zu setzen, auch wenn es nötig ist, die Ukraine mit Waffen so zu unterstützen, dass Russland diesen Krieg nicht gewinnt. Aber dieser Krieg wird letztlich durch Verhandlungen zu beenden sein. Daher muss die Diplomatie wieder ein größeres Gewicht erhalten.

Eine gute diplomatische Initiative hat der italienische Außenminister Di Maio in einem Vierstufenplan angestoßen:

  1. Es ist ein sofortiger Waffenstillstand anzustreben. Russland muss seine Truppen zurückziehen.
  2. Es sind Verhandlungen über den Neutralitätsstatus der Ukraine zu führen.
  3. In einem bilateralen Abkommen zwischen Russland und der Ukraine sind Territorialfragen über die Krim und den Donbass zu klären.
  4. Es ist ein multilaterales Abkommen über die künftige Friedensordnung in Europa abzuschließen.

Leider ist diese Initiative bislang ohne große Resonanz geblieben, sowohl bei den europäischen Regierungen, als auch in den Leitmedien. Sie befürworten lieber schwere Waffenlieferungen und kritisieren all jene, die für eine risikoabwägende Haltung stehen und verhindern wollen, dass die NATO zur Kriegspartei wird.

Auch die Grünen haben sich mittlerweile zu einer Partei der naiven Bellizisten gewandelt, wenn sie sich gemeinsam vor allem mit den Konservativen und im Europäischen Parlament, oft gemeinsam mit den Rechtspopuplisten der polnischen PIS-Partei, für schwere Waffenlieferungen engagieren. Sie haben sich von einstigen friedensbewegten Positionen verabschiedet.

Da ist die öffentliche Debatte in den USA schon weiter. So hat der Herausgeberkreis der New York Times verlangt, dass Präsident Biden „Präsident Selenskyj klarmacht, dass es eine Grenze gibt, wie weit die Vereinigten Staaten und die NATO gehen werden, um Russland zu konfrontieren, und Grenzen für die Waffen, das Geld und die politische Unterstützung, die sie aufbringen können.“ Die Vereinigten Staaten dürfen nicht in einen lang andauernden, „umfassenden Krieg mit Russland“ gezogen werden, fordert das Editorial Board der New York Times. Das Risiko einer unkontrollierbaren Eskalation sei hoch.

Es wäre gut, eine öffentliche Debatte darüber zu führen, wie auf dem schnellsten Weg dieser Krieg gestoppt und in Europa Frieden geschaffen werden kann, um das Sterben in der Ukraine zu beenden und dem Frieden eine Chance in Europa zu geben. Dazu bedarf es mehr Diplomatie!


Sicherer Hafen für Geflüchtete - „Handelsschiff Etienne muss sofort evakuiert werden"

Frieden

Dietmar Köster, außenpolitischer Sprecher der Europa-SPD und Mitglied der informellen Parlamentarier*innengruppe für Seenotrettung appelliert an die maltesische Regierung, das dänische Handelsschiff ‚Etienne‘ in ihren Hafen einlaufen zu lassen. 27 Menschen warten auf diesem Schiff seit mehr als fünf Wochen darauf, evakuiert zu werden.

„Anstatt dass man sich um die Geretteten kümmert, werden ihnen ihre Grund- und Menschenrechte verweigert. Sie nicht zu evakuieren, ist ein Verstoß gegen das Völkerrecht. Die ‚Etienne‘ wird traurigerweise als das Schiff in die Geschichte eingehen, das am längsten auf See allein gelassen wurde. Das Ganze ist auch ein falsches Signal an Handelsschiffe und Reedereien: Diejenigen, die ihrer völkerrechtlichen Verpflichtung zur Seenotrettung nachkommen, müssen mit finanziellen Verlusten und massiven Beeinträchtigungen rechnen. Sie sollen von der Rettung von Menschen in Seenot abgeschreckt werden“.

„Bereits am 29. August hatten das UN-Flüchtlingswerk und die Internationale Organisation für Migration eine sofortige Lösung gefordert. Nicht einmal die Appelle dieser international relevanten Institutionen scheinen Einfluss auf die maltesische Regierung zu haben.“

„Ein Handelsschiff ist weder richtig ausgerüstet, noch ist die Besatzung ausreichend darauf vorbereitet, Flüchtlinge an Bord zu nehmen. Ich bin froh und dankbar, dass die Reederei noch nicht beschlossen hat, die Menschen nach Libyen zurückzubringen. Ich appelliere an die maltesische Regierung, ihren Hafen unverzüglich zu öffnen. Und ich fordere EU-Kommission auf, die Umsiedlung der Menschen auf verschiedene EU-Staaten endlich zu koordinieren, so wie am 31. August auf einer Pressekonferenz zugesagt. Seitdem sind wieder neun Tage vergangen. Neun weitere Tage der Angst, Not und Unsicherheit für die Menschen an Bord der ‚Etienne‘.“


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Rede zum Antikriegstag 2020 in Schwerte

Frieden

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

als langjähriger Mitstreiter der Schwerter Friedensinitiative wäre ich heute gerne hier. Ich wäre auch gerne hier, weil die Schwerter Friedensinitiative jetzt auf mittlerweile 40 Jahre Engagement zurückblicken kann. Dazu gratulier ich allen Aktiven.  Leider lassen meine Verpflichtungen als Europaabgeordneter es nicht zu, bei Euch zu sein. Daher auf diesem Wege:

81 Jahre nach dem Beginn des 2. Weltkriegs bleibt unser Engagement für Frieden und Abrüstung nötiger denn je. Seit etwa 10 Jahren nimmt die internationale Gewaltanwendung wieder zu, nachdem sie in den vorigen Jahrzehnten rückläufig war.

In Europa und weltweit besitzen nationalistische Kräfte wieder großen Einfluss. Dabei ist doch eine Lehre aus der Geschichte, dass der Nationalismus – und insbesondere der deutsche Nationalismus – einer der Hauptursachen für zwei Weltkriege war.

In den USA regiert ein Präsident, der behauptet, die nationalen Interessen müssten an erster Stelle kommen. Dabei fügte gerade seine Politik den USA den größten Schaden zu, den je ein Präsident in den USA verursacht hat. Seine Aufkündigungen der internationalen Zusammenarbeit schaden dem gesellschaftlichen Zusammenleben in den USA aber auch in der gesamten Welt. Dieser Präsident ist eine Gefahr für die gesamte zivilisierte Welt.

Er verweigert sich der internationalen Zusammenarbeit, die angesichts der weltweiten Herausforderungen so wichtig ist. Die USA drohen die Weltgesundheitsorganisation zu verlassen. Sie sind aus dem Pariser Klimaschutzabkommen ausgestiegen und führen Handelskriege nicht nur gegen China, sondern auch gegen die EU. So drohen sie deutschen Unternehmen mit Sanktionen, die an der Fertigstellung von North-Stream 2 arbeiten. Und sie kündigen einen Rüstungskontrollvertrag nach dem nächsten.

  • Die Aufkündigung des INF-Vertrags, der die Stationierung von landgestützten atomaren Mittelstreckenraketen in Europa verbot, ist ein schwerer Rückschlag für die Begrenzung der Aufrüstung durch Atomwaffen in Europa.
  • Die Kündigung des Open–Skies-Vertrags, der es den teilnehmenden Nationen gestattete, gegenseitig ihre Territorien zu überfliegen und Aufnahmen zu machen, wird das gegenseitige Vertrauen zwischen den USA und Russland weiter erschüttern.
  • Eine neue Runde des atomaren Wettrüstens strategischer Atomraketen droht auch mit der Nichtverlängerung des NEW-START-Abkommens.

Weitere Gefahren für den Frieden bestehen in der Entwicklung neue Atomraketen mit kleinerer Sprengkraft und von Raketen mit Hyperschallgeschwindigkeit durch die USA und Russland. Damit steigt das Risiko, dass es in Europa zum Atomkrieg auch aufgrund technischer Versehen kommt.

Mittlerweile gibt es eine unselige Verbindung zwischen konventionellen und atomaren Wettrüsten in der Welt einerseits  und erstarkendem Nationalismus andererseits. Das ist eine große Gefahr für den Frieden.

Wir appellieren an die Regierungen der USA und Russlands: Hört endlich mit diesem Wahnsinn des atomaren und konventionellen Wettrüstens auf. Wir haben wahrlich Wichtigeres zu tun.

Auch rund um Europa sehen wir viele Konflikte, die ein Eskalationspotenzial besitzen und für Instabilitäten sorgen.

In Belarus gehen die Menschen auf die Straße und kämpfen für eine Demokratisierung ihrer Gesellschaft. Wir stehen an der Seite der demokratischen und friedlichen politischen Kräfte. Die Demokratisierung von Belarus ist eine Aufgabe der Belarussen. Es muss eine gewaltfreie Lösung des Konfliktes geben. Alle politischen Gefangenen müssen freigelassen werden. Notwendig ist ein nationaler Dialog zwischen den Protestierenden und der Regierung. Eine Eimischung von außen muss unterbleiben. Von wem auch immer.

In der Ostukraine herrscht nach wie vor ein Krieg auf niedrigem Niveau. Hier gibt es unter Vermittlung der EU hoffnungsvolle Anzeichen für eine friedliche Entwicklung: Seit mehr als einem Monat gibt es eine Feuerpause und Gefangene wurden zwischen den Bürgerkriegsparteien ausgetauscht.

Im östlichen Mittelmeer droht eine Eskalation des Streits zwischen Griechenland und der Türkei um Gas und Öl.

Im Nahen Osten kommt es in den letzten Tagen immer wieder zu militärischen Auseinandersetzungen, die von Hisbollah im Libanon und von Hamas im Gazastreifen gegen Israel ausgehen.

In Syrien und Libyen sind die Bürgerkriege noch lange nicht zu einem Ende gekommen.

Wir brauchen diplomatische und gewaltfreie Strategien zur Konfliktlösung.

Heute besteht die wichtigste Aufgabe der internationalen Politik darin, die Konflikte einzudämmen und einzuhegen und eine weitere Eskalation zu vermeiden.

Aufrüstung ist der falsche Weg.

In der EU gibt es Versuche, die EU zu militarisieren und zu einer Militärmacht auszubauen.

Mit dem Aufbau der europäischen Verteidigungsgemeinschaft soll der Weg für massive Aufrüstung und zu einer international operierenden Interventionsstreitmacht bereitet werden. Dem müssen wir uns entgegenstellen. Dafür hat die EU nicht den Friedensnobelpreis erhalten.

Die NATO-Staaten wollen, dass die nationalen Regierungen jeweils 2 Prozent des BIPs für Rüstung ausgeben sollen. Das ist strikt abzulehnen. Schon jetzt geben die NATO-Staaten ein Vielfaches für Rüstung im Vergleich zu Russland aus.

Notwendig ist eine Entwicklung, welche die Kooperation fördert. Das Freund-Feind-Denken muss überwunden werden. Eine Außenpolitik der Konfrontation gefährdet den Frieden.

Wir brauchen neue mutige Schritte:

Notwendig ist eine Politik der Entspannung und Zusammenarbeit.

Europa braucht Rüstungskontrollgespräche.

Europa muss atomwaffenfrei werden. 75 Jahre nach dem Abwurf von Atomwaffen über Hiroshima und Nagasaki muss die Bundesregierung einen ersten Schritt unternehmen und auf die Teilhabe von Atomwaffen verzichten.

Deutschland muss dem internationalen Vertrag zum Verbot von Atomwaffen beitreten.

Rüstungsexporte müssen europaweit gestoppt werden. Es muss ein sofortiger Stopp der Waffenexporte an Staaten erfolgen, die gegen die Menschenrechte verstoßen.

Am heutigen Antikriegstag bleiben wir dabei:

Nie wieder Faschismus – Nie wieder Krieg!

Wir wollen ein Europa des Friedens und der Abrüstung. Ein soziales und ökologisches Europa der Solidarität!


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„Laschet vergießt lieber Krokodilstränen über die Lage in Moria, statt zu handeln."

Frieden

SPD-Europaabgeordneter Dietmar Köster übt Kritik an Auftritt des NRW-Ministerpräsidenten Auf Lesbos

Zu den Äußerungen des NRW-Ministerpräsidenten Armin Laschet, der bei seinem Besuch im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos von einem „Aufschrei der Verzweifelten“ gesprochen hat, erklärt der SPD-Europaabgeordnete Dietmar Köster:

„Der Ministerpräsident gibt sich angesichts der unhaltbaren Zustände im komplett überfüllten Camp Moria überrascht. Die unmenschlichen Bedingungen in Moria sind allerdings schon lange bekannt. Obwohl das Flüchtlingslager nur Platz für 3.000 Menschen bietet, sind dort noch immer 15.000 Flüchtlinge eingesperrt. Seit vier Monaten gilt eine Ausgangssperre, die sie komplett von der Außenwelt abgeschnitten hat. Es gibt kaum sanitäre Einrichtungen, die Versorgung ist schlecht.

Laschet vergießt lieber Krokodilstränen über die Lage in Moria, statt zu handeln. Wenn. Es nicht bei Lippenbekenntnissen bleiben soll, kann sich die NRW-Landesregierung den Ländern Berlin und Thüringen anschließen und in eigener Verantwortung Flüchtlinge aufnehmen, deren Zahl über den Verteilungsschlüssel hinausgeht. In NRW haben sich 41 Städte zu sicheren Häfen erklärt und stehen bereit, ihm dabei zu helfen. Darüber hinaus kann sich Laschet bei seinem Parteifreund und Heimatminister Seehofer dafür stark machen, dass dieser seine skandalöse Blockadehaltung gegenüber den aufnahmebereiten Bundesländern aufgibt.

Bezeichnend für seinen schwachen Auftritt ist die Tatsache, dass Laschet nicht ein Wort über die illegalen Pushbacks der griechischen Behörden gegen Flüchtlinge verliert. Diese Praxis wurde bereits vom UNHCR beklagt und die griechische Regierung um Aufklärung gebeten. Unter anderem wurden Flüchtlinge in aufblasbaren Rettungsinseln auf dem offenen Meer ausgesetzt worden. Das hätte er im Gespräch mit dem griechischen Ministerpräsidenten Mitsotakis vorbringen müssen.“